Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Jesaja 9, 5-6
Liebe Gemeinde,
wie haben Sie, wie habt Ihr den Heiligen Abend verbracht – im engen Familienkreis, mit Christ-baum, gutem Essen und Bescherung? Was waren die schönsten Geschenke für Sie und für andere? Haben Sie auch gespielt – mit Kindern oder unter Erwachsenen?
Das Geschenk Gottes an Weihnachten ist das Christkind selbst, Jesus Christus. Gottes Sohn als kleines Kind, einer von uns. Nach der Verheißung des Propheten Jesaja ist er ein Königskind, ein Herrscher, der Frieden bringt. Recht und Gerechtigkeit für Israel und die ganze Erde.
In unserem Münster ist das Jesuskind oft dargestellt – meistens herrschaftlich, als königliches Kind. Ein Bild sticht da besonders heraus, auf der Weihnachtsseite des 14-Nothelfer-Altars im nördlichen Seitenchor (vom Eingang aus links). Der Junge mit dem Heiligenschein sitzt auf dem Schoß der Maria. Ganz aufrecht sein Oberkörper, gar nicht wie ein Neugeborenes. Die rechte Hand macht eine Segensgeste hin zu den heiligen drei Königen, die er mit wachen Augen ansieht. Sie haben ihm ihre Geschenke gebracht. Mit der linken spielt er in dem Kästchen mit Gold herum, das Maria ihm hinhält. Das königliche Kind „heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst“. Und dieser Jesus hat edles Spielzug bekommen, kleine goldene Kügelchen, und er probiert das Weihnachtsgeschenk gleich aus.
Spielen gehört zu Weihnachten und zu den Ge-schenken. Oft macht es Spaß, den Kindern und Eltern und Großeltern. Fantasie gehört dazu, Lebendigkeit, manchmal auch Verlieren-Können. Manchmal nervt es die anderen, wenn jemand eben nicht verlieren kann oder wenn junge Leute sich abschotten mit dem Handy oder einer Spiele-Konsole. Beim Spielen gehören wir zusammen, frozzeln und nehmen einander auf die Schippe, spüren mal keinen Druck und Zwang, kein „Ich muss doch noch …“. Auch nicht die bedrückende Corona-Lage und die einengenden Maßnahmen.
So gehört das auch zu Jesus, unserem göttlichen Weihnachtsgeschenk. Das Bild von ihm aus dem Münster zeigt uns: Spielen ist etwas Herrschaftliches, ja
Göttliches. Auf der Darstellung in einem Osnabrücker Kloster sitzen vor der Heiligen Familie, drei Kinder, die mit einer Ratsche, mit Würfeln und einem Schwert(!) spielen. In unseren Wohnzimmern dient die Krippe den Kleinen oft als Spielhaus. Sie lassen die Weihnachtsgeschichte noch einmal ablaufen und stellen ihre Playmobil-Figuren oder Kuscheltiere dazu. Das königliche Gotteskind in unseren Weihnachtszimmern.
In den Kirchen führt man das Spiel von Gottes Gnade und Zuwendung immer wieder auf, mit verschiedenen Ritualen und Liturgien. Die Beichte mit dem Bekenntnis und der Vergebung der Schuld. Das feierliche Abendmahl mit der Erinnerung an Jesu letzte Mahlzeit und der Austeilung an uns. Das Krippenspiel als lebendige Lesung des Weihnachtsevangeliums, bei dem Kin-der und Ältere einbezogen werden. „Heiliges Spiel“ haben Theologen die gottesdienstlichen Vollzüge insgesamt genannt. Ich gebe zu, viele dieser Stücke haben eine sehr traditionelle Handlung. Aber durch sie kommen wir selbst ins Spiel mit Gott und seinem königlichen Sohn. Wir werden von ihnen bewegt.
Der bekannte Hirnforscher und Neurologe Gerald Hüther stellt uns das Spiel von Kindern als Ideal vor Augen: „Spielen ist etwas ganz anderes als ‘nur’ ein Zeitvertreib, Spielen ist ein Feuer-werk für die grauen Zellen. Bildgebende Verfahren der Neurowissenschaften zeigen, dass wir im Spiel die Angst verlieren und die neuronalen Netzwerke befeuert werden, mit deren Hilfe wir kreativ und ideenreich werden. Wir überwinden die Welt des Notwendigen und Zweckdienlichen und öffnen uns für die Welt des Möglichen.“ Und es bringt „Freiheit in innigster Verbundenheit“: „Im Spiel verbinden wir uns miteinander und einigen uns auf gemeinsame Regeln, innerhalb derer wir frei entscheiden und ausprobieren können. Im Spiel erkennen wir, dass beides geht: zu-gehörig zu sein und dennoch frei!“
Das passt doch zur Kirche, auch zu unserer Gemeinde. Freiheit spüren, Fantasie entwickeln und Gemeinschaft erleben. Bei all den Diskussionen um Strukturen, Geld und Stellenverteilung, die gerade wieder geführt werden, möge das Spielerische im Vordergrund bleiben. Alte, traditionelle und ganz neue, kreative Formen und Handlungen – aber solche, die Spaß machen und entspannen. Das spielende Gotteskind lehrt uns Leichtigkeit.
In den Familien gilt dasselbe. Spielen hilft, den Druck von Ausgangsbeschränkung und Homeschooling und Krankheit hinter uns zu lassen. Oft genügen Würfel oder alte Brett- oder Rollen-spiele. Ich verrate Euch etwas: So schön und lehrreich das Bild in unserm Münster auch ist – der kleine Jesus im Zimmermannshaushalt von Nazareth hatte garantiert keine goldenen Kügelchen. Aber gespielt hat er mit Maria und Josef und seinen Geschwistern, ob mit Stöcken oder hölzernen Murmeln oder einfach mit königlicher Fantasie. Und von ihm ist Friede ausgegangen und Heil für viele.
Euer und Ihr Ulrich Schindler
Jesus Christus, du kleines Kind, du Friedensfürst.
Du bist für uns geboren,
dein Frieden verwandelt die Welt.
Wir bitten dich für alle, um die herum Krieg herrscht, für die Kinder, deren Seelen und Körper verwundet oder krank sind,
für die Brückenbauer und Friedensbringer.
Sei ihnen nahe. Lass uns heil werden.
Jesus Christus, du kleines Kind, du große Freude.
Du kommst mit uns ins Spiel, du machst uns froh.
Wir bitten dich für alle, die zu uns gehören und die uns lieb sind,
für alle, die wir vermissen,
und für alle, die uns die Freude nehmen und es uns schwer machen.
Sei ihnen nahe. Lass uns heil werden. Amen.